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Die Wurzel gegen beinah alle übel

Die Heilpflanze des Jahres wird seit 1990 gekürt, um die Öffentlichkeit für naturgemäße Heilmittel zu sensibilisieren. Dass die Wahl irgendwann auf Ingwer fallen würde, kann nicht überraschen. Denn zumindest in ihrer asiatischen Heimat werden die wirkstoffreichen Wurzelsprossen (Rhizome) des Ingwers seit schätzungsweise mehr als 4000 Jahren nicht nur als Gewürz, sondern auch zu medizinischen Zwecken verwendet. Sowohl in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wie auch im indischen Ayurveda spielt Ingwer eine wichtige Rolle. Höchstwahrscheinlich war es Alexander der Große, der die Pflanze von seinen Feldzügen in Persien und Indien nach Europa brachte. Römische Legionäre, in deren Proviantbeutel Ingwer neben Getreide und Knoblauch zur Grundausstattung gehörte, trugen die Wurzel später in alle Ecken ihres Imperiums.

Bereits im frühen Mittelalter tauchte die Migrationspflanze aus Asien in der Klostermedizin auf. Hildegard von Bingen empfahl pulverisierten Ingwer Schwerkranken als Stärkungsmittel. Mit den portugiesischen und spanischen Entdeckern, die Ingwer als Mittel gegen Seekrankheit und Skorbut schätzten, gelangte die Knolle im 15. Jahrhundert in die neue Welt, wo heute einige der Hauptanbaugebiete liegen. Der Ingwer-Wurzel- stock kann bis zu drei Prozent ätherisches Öl enthalten, das vor allem direkt unterhalb der Schale konzentriert ist. Deshalb sollte frischer
Ingwer nicht geschält, sondern lediglich gründlich abgebürstet werden.

In der deutschen Schulmedizin ist Ingwer spätestens seit 1988 mit der offiziellen Anerkennung als Heilpflanze angekommen. 1997 wurde Ingwer ins deutsche Arzneibuch aufgenommen und ist dort als probates Mittel gegen Verdauungsbeschwerden und Reisekrankheit verzeichnet. Immer mehr Studien bestätigen jedoch zunehmend die Erfahrungen der Naturheilkunde, wonach die rund 160 Inhaltsstoffe der Pflanze ein deutlich breiteres Wirkungsspektrum aufweisen.

So verhalten sich die Gingerol-Scharfstoffe aus der Ingwerwurzel gegenüber bestimmten Enzymen im Körper genau so wie die Wirkstoffe einiger Schmerzmittel – mit vergleichbarer Linderung bei Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Migräne. Nachgewiesen wurde auch, dass Ingwer die Nebenwirkungen von Chemotherapien abschwächen kann und Diabetikern helfen kann, den Blutzuckerspiegel abzusenken. Gerade in der kalten Jahreszeit schwören viele Menschen auf die wärmende und das Immunsystem stimulierende Wirkung des Ingwers. In Indien und China wird Ingwer auch gegen Atemwegserkrankungen oder als Gegenmittel bei Pilzvergiftungen eingesetzt. Speziell in der ayurvedischen Heilkunde gilt Ingwer als eine Art Universalmittel, das die Wirkung vieler anderer Heilpflanzen verstärkt. Allerdings sollten Schwangere Vorsicht walten lassen. In großen Mengen genossen, kann Ingwer Wehen auslösen. Auch wer gerinnungshemmende Mittel einnimmt, sollte sicherheitshalber mit seinem Arzt Rücksprache halten, ehe er im großen Stil zur Ingwer-Wurzel greift.

Das Erfreulichste am Ingwer ist, dass man ihn mit großem Genuss verzehren kann, ohne Beschwerden zu haben. Nicht nur in der asiatischen Küche ist die gelbe Wurzel eine vielseitig verwendbare Zutat, deren fruchtig-frische Schärfe sowohl pikanten wie süßen Speisen eine besondere Note verleiht. Somit ist Ingwer der beste Beweis, dass die alte Volksweisheit, wonach die wirksamsten Arzneien am Gaumen bitter schmecken, nicht immer stimmt. Darauf einen Ingwer-Tee.